Von Rethen nach Hannover

Bestellung nicht verleihbarer Bestände des TIB-Standorts Rethen zum Standort Technik/Naturwissenschaften

Am 12. Dezember 2002 wurde der TIB-Standort Rethen (damals „Haus 2“) mit einem Tag der Offenen Tür offiziell in Betrieb genommen. Er löste zum einen das 1991 eingerichtete Außenmagazin „Großer Kolonnenweg“ ab und war zum anderen kein reines Außenmagazin mehr, sondern erhielt auch einen Lesesaal.1 Mitbedacht und 2007 realisiert wurde die Erweiterung im Hinblick auf den weiterhin starken Zuwachs der TIB als Zentraler Fachbibliothek insbesondere bei gedruckten Zeitschriften der technischen und naturwissenschaftlichen Fächer.

Die Kriterien für die Bestände, die im Außenmagazin und später in Rethen untergebracht wurden, haben sich im Laufe der Zeit verändert: Waren es zunächst Altbestand, Dissertationen und ältere Zeitschriftenjahrgänge, also die voraussichtlich seltener genutzte Literatur, ergab es sich später aus logistischen Gründen, dass in bestimmten Signaturengruppen auch neueste Literatur gleich ihre Heimat in Rethen fand (es sei denn, das zuständige Fachreferat entschied zunächst für eine Aufstellung in den Lesesälen). In den meisten Fällen war das kein Problem, abgesehen von den etwas längeren Bereitstellungszeiten, zumal große Teile der Bestände auch an den Standort Technik/Naturwissenschaften bestellt werden konnten. Aber der Teufel der Benutzungseinschränkungen steckte im Detail: Für nichtverleihbare Literatur galt bis jetzt, dass sie nur im Lesesaal in Rethen bereitgestellt wurde. Grundsätzlich nicht verleihbar sind in der TIB vor allem drei Gruppen von Literatur:

  • Zeitschriften
  • Kongressbände
  • Bestände, die älter als 100 Jahre sind, sowie besonders schützenswerte Literatur

Für Zeitschriften aus Technik und Naturwissenschaften gilt bis heute die Regel, dass der aktuelle Jahrgang und die letzten vier Jahrgänge am Standort Technik/Naturwissenschaften stehen, entweder in den Lesesälen direkt dem Regal entnehmbar, oder im Magazin, bestellbar über ein gesondertes Bestellformular des TIB-Portals, da mit dem in der TIB eingesetzten Ausleihsystem keine Zeitschriftenhefte verwaltet werden. Erst nach fünf Jahren werden Zeitschriften zum Jahrgang gebunden, nach Rethen gebracht und sind ab dann über das Ausleihsystem bestellbar – bisher aber nur zur Benutzung im Lesesaal in Rethen.

Aus Zeitschriften und Kongressbänden braucht man meistens nur einen einzelnen Beitrag, der auch kopiert werden kann, insofern halten sich die Nachteile der Nichtverleihbarkeit für solche Bestände in Grenzen. Die Wegezeit nach Rethen hingegen war über die Jahre ein häufig genanntes Hemmnis, diese Literatur zu benutzen. Auch wenn für die Bibliotheksbenutzer aus der Zielgruppe Mitglieder der LUH ein zwar günstiger, aber doch kostenpflichtiger Kopienlieferdienst diese Einschränkung ein wenig ausgleichen sollte: Der Wunsch, auch nicht verleihbare Bestände aus Rethen nach Hannover bestellen zu können, wurde über die Jahre regelmäßig geäußert.

Inzwischen hat sich die Welt der wissenschaftlichen Information stark verändert: Anlass genug, auch langjährige Benutzungsbedingungen und -einschränkungen zu überprüfen. Ein Grund für die strikten Regeln bei Zeitschriften und Kongressbänden war, dass die TIB als Zentrale Fachbibliothek über ihre Dokumentlieferung einen überregionalen Versorgungsauftrag hat. Um den Kunden verlässlichen Service bieten zu können und auch die eiligen Bestellungen innerhalb von 24 Stunden, die sehr eiligen sogar innerhalb von 3 Stunden bearbeiten zu können, waren die Transporte von Rethen nach Hannover nicht vorgesehen. Bei der damaligen Entscheidung spielte auch die Frage des Volumens der Transporte eine Rolle.

Unter anderem infolge des wachsenden digitalen Angebots auch an wissenschaftlichen Publikationen, sei es über Campus-, National- und Allianzlizenzen, sei im Zuge der zunehmenden Open-Access-Publikationen, hat die Dokumentlieferung in Form des Versands gescannter Aufsätze quantitativ an Bedeutung verloren. Es ist immer noch eine nachgefragte und zentrale Dienstleistung der TIB, die als letzte Reserve wichtig ist. Aber inzwischen scheint es vertretbar, nicht verleihbare Literatur aus Rethen zumindest auch auf den Transportweg nach Hannover zu schicken, um sie dort zur Benutzung im Lesesaal zur Verfügung zu stellen.

Daher steht jetzt für nicht verleihbare Bestände im Bestelldialog des Katalogs eine zweite Theke, „TechNat – Lesesaalausgabe, EG“ zur Auswahl.

Für besonders schützenswerte Literatur wird es voraussichtlich auch Ausnahmen geben, vor allem wenn konservatorische Gründe gegen einen Transport sprechen, ein Kopierverbot erforderlich ist und eine Benutzung nur unter Aufsicht sinnvoll scheint. Wir bitten um Verständnis, dass in solchen Einzelfällen die Bestellmöglichkeit im Katalog zunächst angeboten wird, die Bereitstellung dann aber doch nur im Lesesaal des Standorts Rethen erfolgt.

Abschließend drei Hinweise:

  • Der erweiterte Service ist zunächst als Testphase geplant, soll aber verstetigt werden, wenn alles wie derzeit erwartet funktionieren wird.
  • Literatur aus Rethen können wir weiterhin nicht am TIB-Standort Conti-Campus bereitstellen. Der logistische Aufwand wäre unverhältnismäßig angesichts der Entfernung von unter 500 m Luftlinie bzw. des Fußwegs von 5 min bis 10 min zwischen Conti-Campus und Welfengarten.
  • Gern würden wir im Bestelldialog unseres Katalogs für Bestände aus Rethen den Standort Technik/Naturwissenschaften als Vorauswahl anbieten. Dies lässt sich mit der aktuellen Version unseres lokalen Bibliothekssystems leider nicht realisieren, so dass der vom Standort eines Mediums abweichende Ausgabeort bis auf weiteres immer noch explizit ausgewählt werden muss.

Die Lösung ist also noch nicht perfekt, wird aber hoffentlich manchem Benutzer und mancher Benutzerin zukünftig den Weg nach Rethen ersparen.

Lesesaalausgabe am Standort TIB Technik/Naturwissenschaften

 

... ist Leiter des Bereichs Lokale Dienste.

Notes:
1. Vgl. ausführlicher: Haus 2 – Realisierung und Bezug eines weiteren Standorts. Jahresbericht 2002 / Universitätsbibliothek Hannover und Technische Informationsbibliothek, S. 15‑19