Open Access Champions an der LUH: Philipp Köker, PhD

In der Reihe „Open Access Champions“ stellen wir Mitglieder der Leibniz Universität Hannover (LUH) vor, die sich besonders für Open Access engagieren. Dafür haben wir ihnen jeweils fünf Fragen gestellt.

Philipp Köker, PhD, ist Akademischer Rat a.Z. am Institut für Politikwissenschaft der Leibniz Universität Hannover. Zuvor war er am University College London und der Canterbury Christ Church University in Großbritannien tätig, wo er u.a. für die Open-Access-Strategie des Fachbereichs Politikwissenschaft verantwortlich war. Seine Forschung beschäftigt sich insbesondere mit der Rolle von Präsidenten und der Funktionsweise politischer Institutionen im internationalen Vergleich. Seit Oktober 2021 ist er zudem einer der Leiter des Projekts “Courts under Pressure: How social media change discourse about the rule of law in modern democracies”.

Philipp Köker, PhD

Warum publizieren Sie Open Access?

Ganz allgemein möchte ich meine Forschung möglichst vielen Menschen zugänglich machen. Die Veröffentlichung in Open Access ermöglicht dabei eine effektive und schnelle Verbreitung von Wissen. Auch wenn bisher die Mehrzahl meiner Aufsätze in traditionellen Zeitschriften erschienen sind, können durch die Zweiveröffentlichung der Autorenversion im Repositorium der LUH Wissenschaftler:innen und Studierende in der ganzen Welt auf meine Publikationen zuzugreifen – und zwar selbst dann, wenn ihre Universitäten ansonsten keinen Zugriff auf die Zeitschriften haben. Gerade außerhalb Westeuropas oder Nordamerikas fehlen hier auch oft die finanziellen Mittel.

Ich sehe Wissenschaftler:innen, die an öffentlichen Hochschulen und Forschungseinreichungen tätig sind, auch in der Pflicht, die Ergebnisse ihrer Forschung öffentlich verfügbar zu machen.

Ich sehe Wissenschaftler:innen, die an öffentlichen Hochschulen und Forschungseinreichungen tätig sind, auch in der Pflicht, die Ergebnisse ihrer Forschung öffentlich verfügbar zu machen. Hier bin auch sehr durch meine langjährige Tätigkeit in Großbritannien geprägt – hier war der zeitnahe Upload der Autorenversion jeglicher Veröffentlichungen im Uni-Repositorium für alle Universitätsmitarbeiter:innen verpflichtend. Publikationen, von denen keine Green Open Access-Version zur Verfügung stand, konnten zudem nicht zur Begutachtung beim Research Excellence Framework (REF ≈ britische Exzellenzinitiative) eingereicht werden.

In welchen Situationen hat sich Open Access für Sie als hilfreich erwiesen?

Ich habe schon während meiner Promotion ein Blog über meine Forschung geschrieben und dadurch wissenschaftliche Analysen und Daten der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Hierdurch sind viele Kontakte mit anderen internationalen Forscher:innen entstanden, die schließlich in einem größeren Blog (www.presidential-power.net) und der Gründung eines Forscher:innen-Netzwerks gemündet sind. In Großbritannien werden zudem alle Dissertationen in Open-Access im Repositorium der Universität veröffentlicht; dadurch wurde meine Forschung schon früh wahrgenommen und von anderen Wissenschaftler:innen zitiert. Auf Basis dieser positiven Erfahrungen mit Open Access habe ich dann auch stets die Autorenversionen meiner Aufsätze im Repositorium veröffentlicht. Die Zweitveröffentlichung hat den Nebeneffekt, dass meine Forschung häufiger zitiert wird – auch Journalisten kommen gerade auf Basis der Open-Access-Veröffentlichungen bei Recherchen auf mich zu. Schließlich erlaubt der Blick auf die Zugriffsstatistiken Einblicke in die Leser:innenschaft der Artikel, die man bei Zeitschriften nicht bekommt.

Die Zweitveröffentlichung hat den Nebeneffekt, dass meine Forschung häufiger zitiert wird.

Wie sehen Sie die aktuelle und zukünftige Situation von Open Access in Ihrem Fachgebiet?

Die Politikwissenschaft ist im Bereich Open Access insgesamt schon gut aufgestellt. Gerade in Deutschland ist es inzwischen möglich, Aufsätze in vielen wichtigen Zeitschriften über das DEAL-Abkommen als Gold Open Access zu veröffentlichen. Zum anderen haben sich bereits mehrere Open-Access-Zeitschriften etabliert und auch Open-Access-Bücher sind immer häufiger zu finden. Allerdings ist dieser Trend bisher vor allem auf die englischsprachige Politikwissenschaft sowie den wissenschaftlichen Mainstream und wenige Unterdisziplinen beschränkt – in anderen Bereichen und bei deutschsprachigen Veröffentlichungen gibt es meiner Meinung nach noch Nachholbedarf. Für die Zukunft ist hier sicherlich positiv zu sehen, dass viele Politikwissenschaftler:innen schon jetzt oft ihre Daten für andere Forscher:innen bereitstellen – somit ist es für viele kein großer Schritt, auch die Ergebnisse in Open-Access zu veröffentlichen.

Welche Hindernisse sehen Sie für einen kompletten Umstieg auf Open Access?

Derzeit stehen einem vollständigen Umstieg auf Open Access wohl die Struktur der wissenschaftlichen Publikationslandschaft und die Gebühren für die Veröffentlichung und dauerhafte Bereitstellung von Publikationen entgegen. Da Wisssenschaftsverlage nicht nur kostendeckend arbeiten sollen, sondern auch Gewinne erwirtschaften wollen, werden teilweise Gebühren verlangt, deren Höhe weder nachvollziehbar noch dauerhaft durch Universitäten oder Drittmittelgeber bezahlbar ist. Ähnliche Diskussionen gibt es ja auch schon seit vielen Jahren in Bezug auf die unbezahlte Arbeit von vielen Wissenschaftler:innen als Herausgeber:innen und Gutachter:innen. Auch wenn hier das DEAL-Abkommen sicherlich ein guter Weg ist, lässt es sich wohl nicht für alle Fächer und Disziplinen umsetzen.

Weiterhin überwiegt bei vielen Wissenschaftler:innen noch Skepsis vor reinen Open-Access-Modellen. Gerade weil der größere Fokus auf Open Access auch zu einer Proliferation von Raubverlagen geführt hat, haben es Publikationsmodelle, die allein auf Open Access setzen, schwer.

Diese Hindernisse lassen sich jedoch möglicherweise teilweise durch die Entwicklung von Open-Access-Universitätsverlagen umgehen, die in allererster Linie kostendeckend arbeiten. Ein Beispiel dafür ist die UCL Press an meiner Alma Mater in London, die 2015 als erster Open-Access-Universitätsverlag gegründet wurde.

Wo finden oder erwarten Sie Unterstützung beim Open-Access-Publizieren und der Open-Access-Transformation?

Eine Open-Access-Transformation lässt sich nur verwirklichen. wenn Entscheidungsträger:innen das Thema als Priorität formulieren. Hier liegt die Verantwortung dann auch nicht mehr bei einzelnen Wissenschaftler:innen –  vielmehr müssen sich hier Wissenschaftsministerien und Drittmittelgeber, aber auch die Hochschulleitung des Themas ernsthaft annehmen und vorantreiben.

Dabei geht es nicht nur um die Bereitstellung von Mitteln, um eventuelle Publikationskosten zu finanzieren. Gerade wenn als erster Schritt die Anzahl an Veröffentlichungen im Green Open Access erhöht werden soll, müssen Repositorien noch nutzerfreundlicher werden. Auch hier muss also investiert werden – beispielsweise um eine stärkere Integration mit ORCID oder anderen externen Profilen zu ermöglichen, über die relevante Publikationsdaten automatisiert eingetragen werden können.

Transparenzhinweis: Philipp Köker ist Contracted Associate Editor bei der Zeitschrift ‘SN Social Sciences’ des Verlags Springer Nature, der dem DEAL-Abkommen angehört.