Open Access an der TIB: Rückblick 2022

Wirkt Open Access? Diese Frage hat die TIB in einer vom BMBF beauftragten Studie positiv beantwortet (Hopf et al. 2022, https://doi.org/10.34657/7666). Dementsprechend haben wir uns auch im Jahr 2022 an der TIB auf vielfältige Weise für Open Access engagiert, unsere wichtigsten Aktivitäten im vergangenen Jahr sollen in diesem Rückblick zusammengefasst werden. An der Zusammenstellung mitgewirkt haben Nicola Bieg, Xenia van Edig, Anita Eppelin, Ulrike Kändler, Jesko Rücknagel, Corinna Schneider und Helene Strauß.

Ein in der genannten Studie adressierter negativer Punkt sind Gebühren (APCs), die oft für das Open-Access-Publizieren verlangt werden und die Autor:innen mit geringeren Ressourcen vom Publizieren abhalten können. Deshalb setzen wir uns für Open Access ein, das sowohl für Leser:innen als auch für Autor:innen kostenlos ist (sogenanntes „Diamond Open Access“), unter anderem mit unserem Verlag TIB Open Publishing, dem Projekt KOALA oder der Unterstützung des von mehreren europäischen Organisationen initiierten Action Plan for Diamond Open Access.

Im Juni 2022 hat die Leibniz Universität Hannover (LUH) eine neue Open-Access-Richtlinie verabschiedet, die ihren Angehörigen klare Vorgaben zu Open Access macht und Handlungsempfehlungen gibt. Als Universitätsbibliothek unterstützen wir die Universitätsmitglieder mit zahlreichen Angeboten beim Publizieren und bei der Umsetzung der Richtlinie.

Repositorien

Das Institutionelle Repositorium der Leibniz Universität Hannover enthielt zum Jahresende mehr als 12.800 Publikationen, die 1.196.402 mal heruntergeladen wurden. Das seit dem Start im Jahr 2015 am häufigsten heruntergeladenen Dokument (18.984 Downloads) ist die Dissertation „Concepts and tools for the effective and efficient use of web archives“ von Helge Holzmann. Im Jahr 2022 sind 15 neue Bände in LUH-Schriftenreihen erschienen, zwei neue Schriftenreihen („Studentische Abschlussarbeiten im Projekt „Die Stadtsprache Hannovers“ und „Arbeitsmaterialien: Institut für Umweltplanung“) wurden gestartet. Seit 2022 wird das Repositorium auch von DeepGreen mit Publikationen beliefert.

RENATE, unser Repositorium für Naturwissenschaften und Technik, das allen Autor:innen dieser Fachgebiete unabhängig von ihrer Einrichtung offen steht, hat kurz vor Jahresende die Marke von 10.000 Publikationen überschritten. Abschlussberichte von DFG-Projekten sollen künftig in Repositorien veröffentlicht werden. Für Projekte aus den Fächern Ingenieurwissenschaften, Physik, Mathematik und Informatik empfiehlt die DFG RENATE.

Unsere Zweitveröffentlichungsaktion zur Open Access Week wurde sehr gut angenommen. Dabei konnten uns Mitarbeiter:innen der LUH und von Instituten der Leibniz-Gemeinschaft ihre Publikationsliste schicken und wir kümmerten uns um alles von der Rechteklärung bis zur Veröffentlichung im LUH-Repositorium bzw. in RENATE.

TIB Open Publishing

2022 war ein erfolgreiches Jahr für TIB Open Publishing. Bei der Publikation des ersten Open Conference Proceedings (OCP) Bandes „Vision and Strategies for Reinforcing Additively Manufactured Concrete Structures“ konnten wir abermals mit dem TIB AV-Portal kooperieren und so einen weiteren Use Case der TIB-Konferenzdienstleistungen schaffen.

Der zweite OCP-Band „22. Nachwuchswissenschaftler*innenkonferenz (NWK)“ präsentierte die Arbeiten diverser Nachwuchswissenschaftler:innen. Unter dem Motto „Forschen – Vernetzen – Gestalten“ adressierten die Beiträge Themen wie Klimaschutz, digitale Transformation und Strukturwandel. Außerdem haben wir in drei Bänden SUMO Conference Proceedings Beiträge der SUMO user conference aus den Jahren 2020, 2021 und 2022 publizieren können. Darüber hinaus haben wir einige Verträge für weitere Publikationen geschlossen. Im Herbst haben wir unsere Plattform erfolgreich auf die aktuelle OJS-Version 3.3 upgedatet. OJS 3.3 ist die derzeitige Long-term support-Version der Software. Auf der LIBER Conference, dem Open Science Festival und den Open-Access-Tagen konnten wir unseren Dienst in verschiedenen Kontexten präsentieren und diskutieren. Unser Poster hat bei den Open-Access-Tagen den ersten Platz beim Poster-Preis erhalten.

Finanzierung

Im Publikationsfonds der Leibniz Universität Hannover standen 310.500 Euro zur Verfügung. Damit wurden 158 Artikel in genuinen Open-Access-Zeitschriften („Gold Open Access“) und 6 Open-Access-Bücher finanziert.

Aber nicht nur die Zahl der finanzierten Gold-Open-Access-Artikel ist 2022 gestiegen. Auch das Angebot an Read-and-Publish-Verträgen für die Leibniz Universität ist weiter gewachsen. Insgesamt 13 Verträge ermöglichten LUH-Forschenden kostenfreies Open-Access-Publizieren in den hybriden Zeitschriften der betreffenden Verlage. Die TIB rechnet die Publikationskosten direkt mit den Verlagen ab. Am stärksten gefragt waren wie bereits im Jahr zuvor die Zeitschriften von Springer Nature, gefolgt von Wiley. Mit beiden Wissenschaftsverlagen bestehen bereits seit 2020 bzw. 2019 die deutschlandweiten „DEAL-Verträge“, an denen die TIB beteiligt ist.

Dass Open Access auch ohne Article Processing Charges (APC) und publikationsbezogene Kosten funktionieren kann, zeigen zahlreiche Initiativen und Angebote, die von der TIB unterstützt wurden. Dazu zählen die Preprint-Server arXiv und ChemRxiv, Publikationsplattformen wie SciPost oder die Open Library of Humanities, Projekte wie SCOAP³ for Books, Programme wie Subscribe2Open, das Lyrasis Open Access Community Investment Program (OACIP) oder MIT Press Direct2Open.

An die Mitglieder der Leibniz-Gemeinschaft, zu der die TIB gehört, richteten sich die beiden Publikationsfonds der Leibniz-Gemeinschaft. Über den Leibniz-Fonds für Zeitschriften, der von den 59 teilnehmenden Leibniz-Instituten finanziert, aus zentralen Mitteln der Leibniz-Gemeinschaft bezuschusst und von der TIB verwaltet wird, wurden 120 Open-Access-Artikel gefördert. Der Open-Access-Publikationsfonds für Bücher und Sammelwerke konnte 29 Förderanträge bewilligen. 15 geförderte Open-Access-Bücher wurden 2022 veröffentlicht.

Konsortien

Das Projekt KOALA (Konsortiale Open-Access-Lösungen aufbauen) war bei der Suche nach Einrichtungen, die sich an der gemeinschaftlichen Finanzierung von Open-Access-Zeitschriften und -Schriftenreihen beteiligen, erfolgreich. Seit Januar 2023 werden insgesamt sechs Titel aus den Medien- und Sozialwissenschaften, die in der sogenannten Pledgingphase seit Ende Mai 2022 angeboten wurden, für drei Jahre gemeinschaftlich von über 70 verschiedenen Einrichtungen finanziert.

Außerdem konnte die TIB für 2023 und die Folgejahre weitere Konsortien bilden, über die teilnehmende Einrichtungen Publikationsdienstleistungen für ihre Forschenden finanzieren. Hierunter fällt der konsortiale Rahmenvertrag mit der Public Library of Science, welcher die zwölf genuinen Open-Access-Zeitschriften des US-amerikanischen Verlags abdeckt, sowie der Rahmenvertrag mit dem deutschen Anbieter VDI Fachmedien, der maßgeblich dazu beiträgt, dass die ab Januar 2023 erscheinenden Beiträge der Zeitschrift „wt Werkstattstechnik online“ für die Allgemeinheit frei verfügbar sein werden. Zudem hat die TIB auch konsortiale Angebote verhandelt, um die Transformation von hybriden Zeitschriften voranzutreiben (sog. Read-&-Publish-Verträge), unter anderem mit der Royal Society, der American Chemical Society (ACS) und der Optica Publishing Group.

Information und Beratung

Beratung und Veranstaltungen fanden weiterhin großteils online statt. In der Open Acces Week im Oktober haben wir mit einer Ausstellung im Foyer der Bibliothek, einem Escape Room sowie mehreren Präsenz- und Onlineveranstaltungen zu verschiedenen Aspekten von Open Access informiert.

An zwei Open-Access-Workshops der Leibniz-Gemeinschaft war die TIB federführend beteiligt: Im Mai tauschten sich rund 50 Teilnehmende online zum Thema „Diamond Open Access“ aus, im November war „Informationsbudget“ das Thema eines Workshops in Berlin, der von rund 60 Mitgliedern aus Leibniz-Einrichtungen besucht wurde.

Im TIB-Blog wurden 26 Beiträge zu Open Access veröffentlicht. In einer 2022 begonnenen Reihe stellen wir LUH-Mitglieder, die sich besonders für Open Access engagieren, als „Open Access Champions“ vor.

open-access.network

Im Projekt open-access.network wurden die Erhebungen zur Wahrnehmung von Open Access in verschiedenen Fachgebieten abgeschlossen, die Ergebnisse von vier der insgesamt sechs Erhebungen der TIB haben wir auf den Open-Access-Tagen 2022 in Bern vorgestellt. Die zusammenfassenden Berichte der Ergebnisse zu Maschinenbau und Chemie, Rechtswissenschaften sowie Geschichtswissenschaften und Soziale Arbeit wurden auf Zenodo veröffentlicht.

Im Rahmen des Open Access Talks wurde monatlich ein Webinar zu verschiedenen Aspekten von Open Access angeboten. Neben mehreren Erklärvideos wie „Wissenschaftskommunikation und der Publikationsprozess“ haben wir die Videoreihe „Ab jetzt Open Access“ veröffentlicht, eine Interviewreihe, in der verschiedene Praxisbeispiele vorgestellt werden, wie Zeitschriften ihr Geschäftsmodell auf Open Access umgestellt haben.

B!SON

Auch B!SON, unser Empfehlungsdienst für qualitätsgesicherte Open-Access-Zeitschriften, hat sich im vergangen Jahr gut entwickelt: Nachdem wir im April die Betaversion der Öffentlichkeit vorgestellt haben, haben wir in einer intensiven Testphase durch Forschende und Bibliotheken den Algorithmus und das User Interface auf Herz und Nieren prüfen lassen und aufgrund des gewonnenen Feedbacks verbessert. Als Resultat wird das Empfehlungssystem seit Ende Januar 2023 als Produktivversion durch die TIB bereitgestellt; es steht als freie Software zur Verfügung. Nutzungszahlen und Rückmeldungen aus der Community, wie zum Beispiel bei Veranstaltungen im Rahmen der Open Access Week 2022, belegen ein hohes Interesse an B!SON. Neben einer eigenständigen Nutzung durch Forschende kann der Dienst von wissenschaftlichen Einrichtungen zur Ergänzung ihrer eigenen Angebote eingesetzt werden. Hierzu hat der Projektpartner, die SLUB Dresden, eine Extension für die Einbindung in Webangebote entwickelt (basierend auf dem Content Management System TYPO3). Die TIB unterstützt in einer neuen Projektphase interessierte Einrichtungen bei der Einbindung des Dienstes und der Anpassung an lokale Erfordernisse.

Ausblick 2023

Auch im Jahr 2023 werden wir uns an der TIB weiter intensiv für Open Access engagieren, unter anderem im Projekt open-access.network, das für drei weitere Jahre, von Januar 2023 bis Dezember 2025, vom BMBF gefördert wird. Mit Jahresbeginn neu gestartet ist das von der EU geförderte Projekt „Creating a Robust Accessible Federated Technology for Open Access (CRAFT-OA)“. Dieses hat zum Ziel, das Diamond-Open-Access-Modell zu fördern und weiterzuentwickeln und alle technischen Aspekte des Veröffentlichens von wissenschaftlichen Zeitschriften durch akademische Einrichtungen zu unterstützen.

... arbeitet im Bereich Publikationsdienste der TIB und ist insbesondere für Beratung und Schulungen zum Thema Open Access zuständig.