Gold, Grün, Bronze, Blau…: Die Open-Access-Farbenlehre

Der „goldene“ und der „grüne“ Weg zu Open Access sind ja meist bekannt, aber was bedeutet blaues, bronzenes oder diamantenes Open Access? Wird das nicht langsam zu bunt? Neben den beiden etablierten Begriffen hat sich inzwischen eine ganze Palette von Farben ergeben, mit denen verschiedene Varianten von Open Access bezeichnet werden. Dabei handelt es sich aber nicht um gänzlich neue Wege, sondern um eine Auffächerung der bekannten Varianten. Zum Teil orientieren sich die Bezeichnungen an den Farben, die in SHERPA/RoMEO, einer Datenbank mit detaillierten Informationen über die Zweitveröffentlichungspolicies der Verlage, zur Kennzeichnung verwendet werden.

Gold:
Der „goldene Weg“ zu Open Access bedeutet, dass Veröffentlichungen am originalen Erscheinungsort mit Erscheinen frei zugänglich sind, also insbesondere Open-Access-Zeitschriften. In diesem Fall ist das häufig mit sogenannten article processing charges (APCs) verbunden, die die Autorinnen und Autoren für die Veröffentlichung bezahlen (in der Regel nicht aus der eigenen Tasche, sondern aus Instituts- oder Projektmitteln oder über Publikationsfonds, die zu diesem Zweck an zahlreichen Universitäten und Forschungseinrichtungen betrieben werden). Daneben gibt es aber auch zahlreiche goldene Open-Access-Zeitschriften, bei denen keinerlei Gebühren für die Autorinnen und Autoren anfallen. Die Kosten werden in diesen Fällen von Bibliothekskonsortien, Fachgesellschaften o.ä. übernommen. Beispiele dafür sind SCOAP³ für Zeitschriften aus der Hochenergiephysik oder die Open Library of Humanities für die Geisteswissenschaften (siehe: Platin).

Grün:
Der „grüne Weg“ zu Open Access bedeutet, dass Publikationen, die in einer herkömmlichen Zeitschrift veröffentlicht werden, möglichst zeitnah auf einem Repositorium zweitveröffentlicht werden. Dabei kann es sich entweder um ein institutionelles Repositorium wie das Repositorium der Leibniz Universität Hannover oder um ein fachlichen e-Print-Server wie arXiv handeln. Abhängig von der mit dem Verlag abgeschlossenen Lizenzvereinbarung und den rechtlichen Rahmenbedingungen ist die Zweitveröffentlichung einer bereits erschienenen Arbeit manchmal gar nicht möglich oder nur mit einer Verzögerung von zwölf oder mehr Monaten. Oft gestatten Verlage auch nur, dass die Manuskriptversion (die in der Regel inhaltlich identisch, aber in einem anderen Layout ist) und nicht das Verlags-PDF hochgeladen wird.

Platin (Diamant):
Der Begriff „Platinum Open Access“ bzw.  „Diamond Open Access“ wurde eingeführt, um Gold-Open-Access-Zeitschriften hervorzuheben, die keine APCs von den Autorinnen und Autoren verlangen.

Bronze:
Diese Bezeichnung wurde in einem Artikel über die Analyse von Open-Access-Anteilen gerprägt und beschreibt Artikel, die über die Website des Verlags frei zugänglich sind, aber nicht unter einer Open-Access-Lizenz veröffentlicht wurden. Diese können zwar kostenlos heruntergeladen und gelesen, aber nicht weiterverbreitet oder -verwendet werden.

Blau:
Der Begriff „Blue Open Access“ taucht immer wieder auf, ist aber nicht weit verbreitet und wird vor allem nicht einheitlich verwendet. Er steht – meist ad hoc – unter anderem für „grünes“ Open Access mit Embargofrist, für Artikel, von denen Postprints, aber keine Preprints veröffentlicht werden dürfen oder für das von Elsevier angedachte regional begrenzte Open Access (ein Widerspruch in sich).

Schwarz:
„Black Open Access“ wird gelegentlich zur Beschreibung von Schattenbibliotheken wie Sci-Hub verwendet.

Hybrid:
Das einzige nicht nach einer Farbe oder einem Material benannte Modell fällt auch sonst aus dem Rahmen. Sogenannte „hybride“ Zeitschriften sind herkömmliche Subskriptionszeitschriften, in denen einzelne Artikel gegen eine zusätzliche Zahlung Open Access gestellt werden können. Dieses Modell wird von zahlreichen, insbesondere auch den großen, Verlagen angeboten und ist für Forschende attraktiv, weil man einerseits in etablierten und renommierten Zeitschriften publizieren kann (was auf reine Open-Access-Zeitschriften leider nicht immer zutrifft) und die Veröffentlichung trotzdem frei zugänglich ist. Dieses Modell ist allerdings aus drei Gründen kritisch zu sehen: Es ist meist nicht von der Hand zu weisen, dass man doppelt bezahlt (für die Subskription und für die Publikation von Open-Access-Artikeln), die APCs sind im Schnitt paradoxerweise deutlich höher als bei reinen Open-Access-Zeitschriften und es kommt des öfteren vor, dass Artikel, für die bezahlt wurde, dennoch nicht freigeschaltet werden. Daher sind solche Zeitschriften von der Förderung durch viele Publikationsfonds (auch durch die an der TIB betriebenen) und im nächsten EU-Rahmenprogramm „Horizont Europa“ ausgeschlossen.

Während Gold und Grün etablierte Modelle beschreiben, ist fraglich, wie weit sich die anderen Begriffe durchsetzen werden, ganz zu schweigen davon, ob es wirklich notwendig ist, für jede Spielart einen eigenen Begriff zu prägen und damit mehr Verwirrung als Klarheit zu schaffen. In manchen Fällen, wie der Analyse des Open-Access-Anteils am gesamten Publikationsaufkommen, kann es durchaus sinnvoll sein, zwischen verschiedenen Publikationswegen zu unterscheiden. Auf jeden Fall zeigen die Begriffe schön, wie vielfältig und komplex das von der Idee her recht einfache Prinzip des Open Access inzwischen geworden ist.

... arbeitet im Bereich Publikationsdienste der TIB und ist insbesondere für Beratung und Schulungen zum Thema Open Access zuständig.