Software Journals: der Einfluss von Software auf die Forschung

Die Forschung wird heutzutage zunehmend durch Computer vorangetrieben. In vielen Forschungsbereichen werden Codes, Software sowie computergestützte Werkzeuge entwickelt. Deren Ergebnisse werden in fast allen Disziplinen integriert, um die Effizienz, Präzision und Innovation der Forschung zu intensivieren und optimieren. Die vielschichtige Bedeutung von Software zeigt sich am deutlichsten in ihrer transformativen Rolle in den Bereichen Datenanalyse, Simulation und kollaborative Forschung.

Fortschrittliche Statistiksoftware ermöglicht es Forschenden, subtile Muster zu erkennen und die Grenzen herkömmlicher Analysemethoden zu überwinden. Besonders in der Epidemiologie hat sich dies als hilfreich erwiesen, um Krankheitstrends frühzeitig zu erkennen und fundierte Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu ermöglichen.

Software revolutioniert Forschungsmethoden

Software revolutioniert Forschungsmethoden und ermöglicht tiefere Einblicke in komplexe Zusammenhänge. Diese symbiotische Beziehung steigert die Effizienz und ebnet den Weg für bahnbrechende Entdeckungen, die die Grenzen des menschlichen Wissens neu definieren.

Leider werden diese wertvollen Forschungsaspekte bisher nicht entsprechend bzw. ausreichend systematisch organisiert, kuratiert, indexiert oder in der akademischen Literatur veröffentlicht. Das erschwert es den Leser:innen in der breiteren wissenschaftlichen Gemeinschaft, sie zu entdecken, zu bewerten, wiederzuverwenden, weiter auszubauen oder zuverlässig auf Versionen zu verweisen, die sie bei ihrer eigenen Forschung verwenden.

Was sind Software Journals?

Ein Lösungsansatz für diese Problematik sind die sogenannten Software Journals, die als Untergruppe von Data Journals angesehen werden können (mehr über die in Data Journals enthaltenen Data Papers gibt es im TIB-Blog).

Doch was sind Software Journals? In den Beiträgen dieser Zeitschriften steht, wie der Name bereits verrät, die Software und nicht die damit erarbeiteten Forschungsergebnisse im Fokus.

Die Paper enthalten zumeist folgende Aspekte:

  • Angabe von Metadaten zur Codebasis, zum Beispiel auf welche Version sich der Artikel bezieht, unter welcher Lizenz die Software genutzt werden kann und welche Programmiersprachen eingesetzt wurden
  • Erläuterung der Hintergründe und der Motivation, die zur Entwicklung der Software geführt haben: das heißt bei welchen Problemen kann die Software zur Anwendung kommen bzw. könnte die Software zur Lösung beitragen?
  • Beschreibung der Software, ihrer Architektur sowie ihrer Hauptfunktionen
  • Anwendungsbeispiele
  • Erläuterungen zum Impact auf die Forschung und zum Nachnutzungspotenzial der Software

Vorteile von Software Journals

Welche Vorteile bringt eine Veröffentlichung eines Softwarepapers? Der Begutachtungsprozess kann zur Qualitätssicherung und damit zur Reproduzierbarkeit und Nachvollziehbarkeit von Forschungsergebnissen und Nachnutzbarkeit von Forschungssoftware beitragen.

Die Software kann mittels einem Digital Object Identifier (DOI) eindeutig zitiert werden (Software sollte nie nur über Code-Repositorien wie GitHub/GitLab veröffentlicht werden). Die Artikel werden, im Gegensatz zum Coderepositorium auf GitHub, als eigenständiger Forschungsoutput gewertet.

Software als Forschungsleistung würdigen

Und last but not least, kann es Awareness für den Einfluss von Software auf die Forschung schaffen und die Leistung von Softwareentwickler:innen für die Forschung hervorheben. Denn sie bieten Raum, um auf Abhängigkeiten sowie Vorarbeiten hinzuweisen, und damit alle, die direkt oder indirekt zur Software beigetragen haben, zu würdigen.

Beispiele für Software Journals

Es gibt eine Vielzahl von Zeitschriften, in denen man beschreibende Artikel über Software veröffentlichen kann. Es gibt sowohl Zeitschriften, die diese Form von Software-Artikeln als dezidierten Inhalt haben, als auch solche, die sie als weiteren Manuskripttyp neben Forschungsartikeln, Übersichtsartikeln etc. veröffentlichen. Das Software Sustainability Institute hat eine nach Fachbereichen geordnete Übersicht mit Zeitschriften zusammengestellt, die Software-Paper veröffentlichen.

Bei den reinen Software Journals gibt es, ähnlich wie bei den Data Journals, Zeitschriften mit fachspezifischer Ausrichtung, wie zum Beispiel Computer Physics Communications oder das Journal of Software for Algebra and Geometry und generische wie zum Beispiel SoftwareX oder das Journal für Open Research Software. Ein weiteres Software Journal, das ein etwas anderes, aber ebenfalls sehr interessantes Konzept hat, ist RescienceC.

Das Journal hat einen Schwerpunkt in der Veröffentlichung von Erfahrungen mit der Replikation von rechnergestützter Forschung (aus den verschiedensten Fachbereichen). In diesem Journal können die replizierten Ergebnisse, ob diese erfolgreich waren oder nicht, welche Schwierigkeiten dabei ggf. aufgetreten sind und Lösungsansätze, besprochen werden.

Einreichungs- und Begutachtungsverfahren für Software Journals

Da sich Softwarepapers ihrem Inhalt nach deutlich von Forschungsartikeln unterscheiden, sind auch andere redaktionellen Abläufe (zum Beispiel hinsichtlich der Einreichung und Begutachtung) notwendig.

Zunächst muss die Software selbst auf einem geeigneten Repositorium abgelegt werden und sollte öffentlich zugänglich sein, damit Gutachter:innen und Leser:innen auf sie zugreifen können. Die abgelegte Software sollte über eine Lizenz, die die Nachnutzung regelt, verfügen. Da Software in der Regel nicht statisch ist, sondern beständig weiterentwickelt wird, ist es wichtig, dass klar erkenntlich ist, auf welchen Zeitpunkt/welche Version Bezug genommen wird. Auch sollte die Software über eine Dokumentation (zum Beispiel eine README.txt) verfügen. Ein permanenter Link zur Software (idealerweise ein PID) muss im Paper enthalten sein.

Der beschreibenden Artikel selbst wird dann über die jeweilige Zeitschrift eingereicht und muss die entsprechenden Richtlinien befolgen. Auch hier gilt, dass sich die Artikelformatvorlagen grundlegend von denen unterschieden, die Verlage für Forschungsartikel zur Verfügung stellen. Welche Informationen im Artikel enthalten sein müssen, unterscheidet sich von Zeitschrift.

Der Begutachtungsprozess: zwei Beispiele

Während des Begutachtungsprozesses werden üblicherweise beide Outputs betrachtet – die Software selbst sowie der beschreibende Artikel. Auch hier gibt es unterscheide zwischen den Zeitschriften, wie zwei Beispiele zeigen: das Journal of Open Research Software und Journal of Open Source Software.

Journal of Open Research Software

Beim Journal of Open Research Software werden hinsichtlich der Software die Metadaten evaluiert und sichergestellt, dass die Software minimalen Qualitätsanforderungen entspricht sowie öffentlich zugänglich und nachnutzbar ist. Das beschreibende Paper wird hier entlang eher „klassischen“ Kriterien, wie den folgenden beurteilt:

  • „Inhalt“ (Passt der Artikel zur Ausrichtung der Zeitschrift? Ist der Inhalt des Papers relevant? Wurde auf existierende Quellen bezuggenommen?)
  • Struktur und Argumentation (logische Strukturierung, nachvollziehbare Methodik etc.)
  • „Tabellen und Abbildungen“ (Ergeben diese Elemente im Kontext Sinn und liegen in ausreichender Qualität vor?)
  • Formatierung (Wurden die Vorgaben der Zeitschrift befolgt?)
  • „Sprache“ (Stil und Grammatik)

Journal of Open Source Software

Beim Journal of Open Source Software gibt es mehr Kriterien für die Begutachtung der Software selbst. So spielen für die Begutachtung folgende Aspekte eine Rolle:

  • „Software-Lizenz“ (Verfügbarkeit und OSI-Kompatibilität)
  • „wissenschaftlicher Aufwand“ (Entwicklungsdauer, Alter der Software, Nutzung etc.)
  • „Dokumentation“ (Funktionalität, Installation, Nutzungsbeispiele, Richtlinien für die Weiterentwicklung durch die Community usw.)
  • „Funktionieren der Software“ (Ist eine Installation möglich und funktioniert sie?)
  • „Tests“ (sind automatische Test-Routinen verfügbar?).

Bevor man also ein Software Paper einreicht, sollte man sich, wie bei jeder Zeitschrift, genau mit den Richtlinien auseinandersetzten.

Annahmequote von Software Journals

Autor:innen entscheiden sich aus verschiedenen Gründen dafür, ihre Forschungsarbeiten bei einer Zeitschrift einzureichen. Der wichtigste Grund sollte dabei immer die Qualität oder der Einfluss der Zeitschrift sein. Viele Zeitschriften und ihre Verlage verwenden eine Reihe verschiedener Metriken, um den Einfluss einer Zeitschrift zu bestimmen, die alle auf statistischen Daten beruhen.

Autor:innen können auch darin wertvolle Informationen über ihre Publikationsmöglichkeiten finden. So kann zum Beispiele die Annahmequote einer Zeitschrift einer der wichtigsten Faktoren für Autor:innen sein. Aufgrund der relativ geringen Anzahl von Software-Zeitschriften ist es jedoch fast unmöglich, eine ungefähre Einschätzung der Annahmequote solcher Zeitschriften vorzunehmen. Wir können jedoch einen tieferen Einblick gewinnen, wenn wir uns die Annahmequoten einiger Beispielzeitschriften ansehen.

Die untenstehende Grafik zeigt die Annahmequote für das Journal SoftwareX von 2018 bis 2022. Dies zeigt den Prozentsatz der Einreichungen, die innerhalb eines Kalenderjahres angenommen wurden. 2018 bis 2022 beträgt die durchschnittliche Annahmequote für das Magazin 48,3 Prozent.

Balkendiagramm mi fünf Balken, das den Anteil der angenommen Zeitschriftenbeiträge in Bezug auf die eingereichten Beiträge.
Annahmequote für das Journal SoftwareX von 2018 bis 2022

Weitere Beispiele sind das Journal of Open Research Software (JORS) mit einer Annahmequote von 38 Prozent im Jahr 2022 oder das Journal Software: Practice and Experience, mit einer Annahmequote von 20 Prozent im Jahr 2022. Dies ist fast so hoch wie die Annahmequote für traditionelle Zeitschriften.

Es gibt jedoch auch viele Zeitschriften, die keine Angaben zur Annahmequote machen, was in Verbindung mit der Tatsache, dass es nicht viele Beispiele für solche Veröffentlichungen gibt, eine Verallgemeinerung der Annahmequoten für solche Veröffentlichungen unmöglich macht, selbst im Vergleich zu traditionellen Zeitschriften. Umso wichtiger ist es für Autor:innen, die Einreichungsbedingungen und -prioritäten der betreffenden Zeitschriften zu beachten und sich strikt an deren Veröffentlichungs- und Einreichungsregeln und -politik zu halten.

... ist Fachreferentin für Informatik und Bibliometrie an der TIB.

... arbeitet im Bereich Publikationsdienste und betreut dort die Open-Access-Publikationsplattform TIB Open Publishing.

... ist Mitarbeiterin im Bereich Publikationsdienste an der TIB und dort für die Beratung zum Thema Forschungsdatenmanagement zuständig.